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Zwischen den genannten Verfahren gibt es Ähnlichkeiten, Überschneidungen und Unterschiede. Unterschiedlich sind
der Zugang und Gebrauch, insbesondere unter dem Gesichtspunkt unterschiedlicher Kulturen in Ost und West.
Der Begriff der Meditation wird in unserer westlich geprägten Vorstellung noch am ehesten mit östlichen Formen der Versenkung
verbunden. Aber auch christliche und islamische Religionen nutzen den Zustand der Meditation z.B. zur religiösen Versenkung
oder Kontemplation im christlichen Kulturgut. Erreicht wird die meditative Versenkung durch das Lenken oder das Halten der
Aufmerksamkeit beim Beten von Litaneien oder des Rosenkranzes. Möglichst gleichförmiges, inneres Sprechen (innerer Monolog)
fördert und unterstützt körperliche und seelische Zustandsänderungen. Auf der körperlichen Ebene entsteht zunehmend
Entspannung und Lösung durch vegetative (nervliche) Umschaltprozesse in Ruhezustände. Geistig kann aufgrund der
Aufmerksamkeitslenkung eine besondere Form von Wachheit erzeugt werden. Innere Sammlung und die Empfänglichkeit für
Denkprozesse und damit einhergehende Verarbeitung werden angeregt.
Und was ist nun mit den anderen genannten Verfahren – Autogenes Training, Progressive Relaxation?
Beide Verfahren nutzen (thematisch) andere Wege zum Erreichen von Zielen wie Entspannung, Versenkung, Zentrierung,
um einige für diesen Zustand typische Begriffe zu benutzen. Einfach ausgedrückt könnte man es beschreiben, als das Beschreiten
eines Weges von "außen nach innen". Das ist sowohl körperlich wie seelisch zu verstehen.
AT ist von seinem Entwickler, dem Berliner Nervenarzt H.J. Schulz, der mit der Hypnose arbeitete, in den
zwanziger Jahren des letzen Jahrhundert entstanden. Es war bekannt, dass die Hypnose nur dann funktioniert, wenn der zu
Hypnotisierende Aufforderungen oder Anregungen (genannt Suggestionen) des Hypnotiseurs gedanklich folgt bzw. übernimmt.
Auf der Grundlage dieses Wissens und aus seiner langjährigen Erfahrung mit Hypnose, entwickelte Prof. Schulz eine Abfolge von
autosuggestiven (selbstbeeinflussenden) Sätzen, bekannt als die Formeln des AT. Inhaltlich lenken die Formeln die Aufmerksamkeit
auf das Ruheerleben und verschiedene Organbereiche. Ähnlich wie das innere Sprechen von Gebeten oder gleichförmigem Antworten
auf Litaneitexten begleiten und fördern diese AT-Formeln körperliche Zustandsveränderungen, wie bereits weiter oben beschrieben.
PR setzt in seinen Übungen zum Erreichen des Entspannungszustands direkt an der Muskulatur an. Dieses "handliche" und sehr
pragmatisch, westliche Verfahren wurde etwa zeitgleich zum AT im vorigen Jahrhundert in Amerika durch Edmund Jacobson
vorgestellt. Es legt seinen Schwerpunkt auf die Schulung der Wahrnehmung beim Beobachten des Unterschieds zwischen
Anspannung und Entspannung von Muskelgruppen. Während der Übung stellt sich allmähliche eine ganzkörperliche Lösung und
Lockerung ein, hinein in einen wohlig angenehmen Zustand der Entspannung.
Was das Erreichen der körperlichen und geistigen Entspannung betrifft, so sind diese Ziele mit allen genannten Verfahren
gleichwertig. Bei AT und PR steht die Entspannung und Erholung in der Anfangsphase der Einübung meist im Vordergrund.
Das Ziel der Meditation ist "religiöse" Transzendenz und Versenkung. Selbstverständlich kann mit dem Erlernen und der Fähigkeit
sich körperlich-geistig umzuschalten, auch jederzeit dem Bedürfnis nach Meditationserfahrungen oder mentaler Auseinandersetzung
nachgegangen werden. "Viele Wege führen nach Rom"!
Nun zum Yoga. Während die Meditation und die Entspannungsverfahren wie Autogenes Training und Progressive Relaxation sich
weitgehend der vegetativen Umschaltung in den Ruhezustand und auf dieser Basis nutzbaren mentalen Techniken zuwendet,
ermöglicht der Yoga sowohl meditative (z.B. Schulung der Atmung im Pranayama) wie auch die Arbeit mit der Körper-Haltung
(die Asanas beim Hatha-Yoga). Das Ziel der vielfältigen Formen des Yoga ist ursprünglich die körperliche und mentale (geistige)
Vorbereitung des “Schülers” zur Einnahme der Meditationshaltung und ihrer Beibehaltung über lange Phasen der Meditation.
Die Meditationshaltung sollte als “leicht und fest” erfahren werden. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, bedarf es eines starken
Rückens, dehnungsfähiger Muskulatur und beweglicher Gelenke. Atem, Körperhaltung und Geist formen sich im Idealfall
allmählich zu einem harmonischen Gleichklang aus. Anders als bei Gymnastikübungen, kommt es zur Energetisierung bei
zunehmender Ruhe. Das bedeutet, auf der Organismusebene kommt es nicht zur Erhöhung von Puls, Blutdruck und vermehrter
Atmung, wie wir es sonst bei sportlichen Aktivitäten gewöhnt sind, sondern zur Verringerung der ganzkörperlichen Anspannung
bzw. Aktivierung und des damit verbundenen Energieaufwandes. Diese beschriebene Wirkung erlaubt es somit sehr vielen
Menschen auf eine sehr spezielle Art den gesamten Körper zu kräftigen und den Geist (z.B. die Aufmerksamkeit) zu schulen.
Dies gilt generell, auch ohne den Anspruch zu Meditieren. Mit der geschulten Anleitung durch einen qualifizierten Yogalehrer
können Kinder und Erwachsene, auch Menschen mit chronischen Beschwerden ein ganz auf die jeweiligen Bedürfnisse
abgestimmtes Übungsprogramm durchführen. Als Regel gilt verantwortungsvoller Umgang mit sich selbst, die Bereitschaft zur
Achtsamkeit, die Schulung der Geduld und die Verringerung unangemessener Anspruchshaltung gegen sich selbst
(Fehlerfreundlichkeit). “Der Weg ist das Ziel”.
Zur Stressreduktion sind alle genannten Methoden einsetzbar. Zuweilen reicht bereits eine aus, um Überstress wirksam
anzugehen, vorausgesetzt es handelt sich dabei um Menschen, die eigentlich schon über ganz gute “Pläne” der Beeinflussung bei
einem zuviel an Stress im Alltag verfügen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die aktuelle Lebenssituation als
besonders beanspruchend und/oder belastend erlebt wird. Sehr häufig erweist es sich jedoch, bei der Betrachtung des Umgangs
mit den Anforderungen des Alltags, dass die Umsetzung von erlernten Techniken, z.B. Entspannungsverfahren oder Yoga in den
Alltag, vernachlässigt wird. An Stelle von Planung überwiegt eher das Chaos, und selbst noch so gut Gelerntes liegt brach.
Um Ordnung in diese Situation zu bringen, kann eine Teilnahme an einem Kurs, der sich mit den unterschiedlichsten Methoden
der Stressreduktion befasst, sehr hilfreich sein. Dazu gehören nicht nur Entspannungsverfahren, sondern auch ein gezieltes
Überprüfen und Ändern von stressförderndem Gewohnheitsverhalten.